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Magazin

Im Gespräch

Finanzieren fürs Sanieren: je früher, desto besser.

Haus mit IWB Wärmepumpe, im Hintergrund geht die Sonne am Horizont unter

Ein Heizungsersatz ist oft mit einem Termin bei der Bank verbunden. Wie geht man das Thema dort an? Im Gespräch mit Timo Krebs und Fabrice Lanz von der Basler Kantonalbank.

Herr Lanz, Herr Krebs, im Kanton Basel-Stadt ist der Gasausstieg bis 2037 beschlossene Sache. Eigentümerinnen und Eigentümer brauchen bis dann eine Alternative für ihre Heizung, besser natürlich früher. Bedeutet dieser Beschluss mehr Beratungsarbeit für Sie?

Fabrice Lanz: Aus Sicht der Eigentümerinnen und Eigentümer ist die Wärmetransformation schon länger im Gange. Deshalb konnten wir nach der Bekanntgabe des Gasausstiegs auch keinen Anstieg bei den Beratungen feststellen. Was wir aber merken, ist, dass sich die Heizungstypologien schon heute stark unterscheiden. Im Kanton Basel-Stadt ist die Fernwärme ein ganz grosses Thema. Im Kanton Basel Landschaft ist das ganz anders. Aber unsere Beratungsleistung rund um Heizungsersatz ist schon länger ein Bedürfnis, sowohl beim Segment Mehrfamilienhäuser, als auch im Einfamilienhausbereich, den Herr Krebs betreut.

Mit welchen Fragen kommen die Eigentümerinnen und Eigentümer zu Ihnen?

Timo Krebs: Das ist sehr individuell. Manche kommen zu uns und wollen ihr bestehendes Haus sanieren. Andere haben ein Haus geerbt. Die Eltern sind verstorben, Tochter oder Sohn übernehmen, haben vielleicht schon eine eigene Familie. Sie fragen sich: Können wir uns das Haus langfristig leisten? Was müssen wir sanieren? Und da kommt fast immer die Heizung zur Sprache. Oder: Eine junge Familie kauft ein Haus, weil sie Nachwuchs erwartet. Bei einem Kauf herrscht oft grosser Zeitdruck, entweder von Verkaufs- oder Maklerseite. Sobald die Kundin oder der Kunde den Zuschlag bekommen hat, muss es schnell gehen. Da müssen wir uns rasch einen Überblick über den Zustand der Immobilie verschaffen, inklusive Heizung.

Wie läuft das ab: Waren die Leute schon bei der Energieberatung, bevor sie zur Bank kommen? Oder bei den Behörden?

Timo Krebs: Letztlich gibt es alle Szenarien. Im Einfamilienhausbereich kommen die Kundinnen und Kunden am häufigsten zuerst zu uns. Natürlich gibt es auch jene, die über ein Vermögen verfügen und erst einmal schauen, was baulich machbar ist. Viele sind aber auf die Finanzierung angewiesen und gehen deshalb zuerst zur Bank. Einige wissen bereits, dass es den Gebäudeausweis der Kantone GEAK gibt. Das ist aber ein kleiner Teil. Die meisten Kundinnen und Kunden wollen wissen, was sie sich leisten können. Dann merken wir schnell, um welche Art von Sanierung es geht. Wir simulieren dann, welchen Einfluss das auf den Wert des Gebäudes hat und ob der Kreditrahmen erhöht werden muss. Geht es um die Tragbarkeit, müssen wir das Projekt konkretisieren. Danach müssen die Sanierungsspezialistinnen und -spezialisten und Ämter konsultiert werden, um einen konkreten Kostenrahmen zu erhalten.

Fabrice Lanz: Hier unterscheiden sich Mehrfamilienhäuser substanziell von Einfamilienhäusern. Die institutionellen Kundinnen und Kunden kommen oft schon mit Abklärungen von Architekten oder Bauunternehmen zu uns. Wir arbeiten dann stark auf eine strategische Planung hin. Dabei möchten wir herausfinden, wo die Immobilie und ihre Bauteile im sogenannten Sanierungszyklus stehen. Auch hierfür haben wir ein spezielles digitales Hilfsmittel. Dann sieht die Kundin oder der Kunde: Heizung rot, hat Priorität; Fenster orange, erst in fünf Jahren wichtig.

Gibt es denn eine Reihenfolge, wen man für eine Sanierung wann kontaktiert?

Fabrice Lanz: Bei Mehrfamilienhäusern geht es um strategische Investitionen. Deshalb sollte man so früh wie möglich zur Bank. Wir müssen wissen, was kurzfristig, was langfristig ansteht.
Timo Krebs: Das gilt auch bei Einfamilienhäusern. Langfristigkeit gewinnt immer. Dabei geht es um eine gesamtheitliche Beratung. Oft fängt unsere Kundenbeziehung bei der jungen Familie an, die ihr erstes Wohneigentum finanziert. Sind die Leute dann fünfzig Jahre alt, kommt langsam der Blick Richtung Pensionierung. Sanieren hat einen direkten Einfluss auf die Einkommenssteuer. Beim nachhaltigen Sanieren betrifft das sowohl die Ebene Bund, aber auch die Ebene Kanton, in unserem Fall Basel-Stadt. Das muss man alles gesamtheitlich im Blick haben.

Fabrice Lanz: Eine optimale Lösung hängt bei Mehr-familienhäusern auch mit der Liegenschaftsstrategie zusammen. Wenn jemand beschlossen hat, in fünf Jahren einen Ersatzneubau zu realisieren, dann handelt sie oder er anders, als wenn die Liegenschaft zum Beispiel aufgestockt werden soll. Will man sanieren im Bestand, entwickeln, verkaufen – da unterscheiden sich die Strategien stark.

Timo Krebs

Timo Krebs

Fachspezialist für Sanieren im Privatkundenbereich, Basler Kantonalbank

Ich musste noch nie die Finanzierung einer Sanierung ablehnen.

Kommen auch Personen zu Ihnen, denen die Modernisierung ihres Heizsystems finanziell schlicht nicht möglich ist?

Timo Krebs: Wir prüfen jede Finanzierung sorgfältig und nach klaren Richtlinien. So haben wir bisher immer tragbare Finanzierungsmöglichkeiten gefunden. Es gibt natürlich Situationen, wo die Finanzierung nicht innerhalb der Richtlinien ist. Doch auch dort versuchen wir immer, eine Lösung zu finden. Wenn Kundinnen und Kunden zu uns kommen, wollen wir sie ja langfristig begleiten. Bei jedem Objekt fragen wir: Was könnte da auf die Eigentümerinnen und Eigentümer zukommen? Es gibt aber Fälle, wenn zum Beispiel nur eine AHV-Rente vorhanden ist, wo es knapp wird. Wenn wir aber in das Gebäude investieren, wird erstens unsere Sicherheit als Bank verbessert und andererseits hat das eine Senkung von Lebenskosten zur Folge. Man hat einen geringeren Energieverbrauch, muss weniger heizen. Das sind finanzielle Faktoren, die man im Hintergrund berücksichtigen muss. Gleichzeitig haben wir als Basler Kantonalbank einen Staatsauftrag, der Bevölkerung Wohneigentum zu finanzieren. Deshalb haben wir noch immer eine Lösung gefunden.

Fabrice Lanz: Ich kenne ebenfalls keinen Fall, wo wir sagen mussten: Ihre alte Heizung muss jetzt noch halten, wir können keine neue finanzieren. Und wie von Herrn Krebs gesagt: Die Bank hat ein grosses Interesse, Finanzierungen für Sanierungen zu sprechen. Gut unterhaltene Liegenschaften profitieren von einer Wertsteigerung und sorgen für langfristige finanzielle Stabilität – ein Vorteil für beide Seiten.

Fabrice Lanz

Fabrice Lanz

Leiter Immobilienkunden Nordwestschweiz, Basler Kantonalbank

«Gut unterhaltene Liegenschaften sorgen für langfristige Stabilität.»

Wir haben bis jetzt vor allem die Kostenseite betrachtet. Es gibt aber auch positive Effekte einer energetischen Modernisierung. Welche Punkte überzeugen Ihre Kundinnen und Kunden am ehesten?

Fabrice Lanz: Dieses Thema diskutieren wir immer wieder. Natürlich spielen monetäre Überlegungen bei energetischen Sanierungen eine zentrale Rolle, aber wir beobachten auch ein wachsendes Bewusstsein für Nachhaltigkeit. Immer mehr Kundinnen und Kunden wollen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und gleichzeitig von Energieeinsparungen profitieren. Ökologische und ökonomische Aspekte gehen dabei Hand in Hand. Aber die meisten Diskussionen verlaufen zunächst monetär.

Timo Krebs: Ich beobachte das ähnlich. Man kann aber sagen, dass das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit gestiegen ist. Die Leute wollen etwas für die Umwelt tun. Und doch muss man immer wieder zeigen, wo es sich langfristig lohnt. Letzlich können wir als Bank auch nur anhand von Zahlen diskutieren. Deshalb schliesse ich mich an: Der Treiber bei Sanierungen ist monetär. Aber die Eigentümerinnen und Eigentümer sind bereit, Nachhaltigkeit mitzutragen.

Fabrice Lanz

Leiter Immobilienkunden Nordwestschweiz, Basler Kantonalbank

Vermutlich wird Basel-Stadt eine schnellere Reduktion des CO2-Ausstosses sehen als andere Kantone.

Die Mitglieder der Schweizer Bankiervereinigung haben sich per 2024 verpflichtet, Hypothekarkundinnen und -kunden auf die Energieeffizienz ihrer Immobilie hinzuweisen und bei einer Verbesserung zu helfen. Zeichen eines Umdenkens?

Timo Krebs: Es gibt natürlich im Hintergrund gesetzliche und politische Ziele, die wirken. Sei es in der EU, aber auch in der Schweiz. Und im Kanton Basel-Stadt sind wir ja energiepolitisch noch strikter unterwegs. Allgemein sind die Banken mit in die Pflicht genommen worden, das Thema energetische Sanierungen anzusprechen. Das passt zur Gesamtstrategie der Basler Kantonalbank. Wir haben das Thema Nachhaltigkeit grossgeschrieben – und sprechen es auch nicht erst seit 2024 an. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Anliegen der Basler Kantonalbank. Die neuen gesetzlichen Vorgaben stärken dieses Engagement zusätzlich. Aber es gibt auch andere Fakten: Sanieren kann steuerlich begünstigt oder durch kantonale Förderprogramme unterstützt werden. Wir prüfen immer, welche Fördermöglichkeiten und steuerlichen Vorteile in der jeweiligen Region verfügbar sind.

Fabrice Lanz: Ich will unterstreichen, dass wir schon vor dem Inkrafttreten der neuen Gesetze entsprechende Beratungen angeboten und unsere Beratungsinstrumente angepasst haben. Doch der gesetzliche Rahmen ist klar. Banken sind heute gezwungen, den CO2-Ausstoss ihres Kreditportfolios auszuweisen. Entsprechend haben wir Absenkungspfade formuliert, also wie schnell wir in welchem Zeitraum die Emissionen senken wollen. Das ist unsere gesetzliche und strategische Grundlage. Vermutlich wird der Kanton Basel-Stadt eine schnellere Absenkung des CO2-Ausstosses sehen als andere Kantone. Einfach, weil die Grundlagen hier besser sind. Aber: Wir Banken sind nur ein Teil des Ganzen. Wir müssen unsere Kundinnen und Kunden an das Thema heranführen, die Entscheidung fällen sie selber.

Timo Krebs

Fachspezialist für Sanieren im Privatkundenbereich, Basler Kantonalbank

Ich hatte aus Perspektive unser Kundinnen und Kunden nie den Eindruck, die Sanierungen seien nicht zu bewältigen.

Sie sprechen es an: Der Kanton Basel-Stadt hat aufgrund des Energiegesetzes bei energetischen Sanierungen etwas «Vorsprung». Verspüren Sie Interesse für das, was hier passiert?

Fabrice Lanz: Wir spüren ein Interesse bei Kundinnen und Kunden, die Liegenschaften in anderen Städten besitzen. Die stehen zum Teil vor ganz anderen Herausforderungen. Da gibt es dann zwar den Denkmalschutz, aber kein Fernwärmenetz wie in Basel, das hilft, den Absenkpfad einzuhalten. Natürlich sorgt es vereinzelt auch für Unmut, dass das Gasnetz für private Heizungen abgestellt wird. Aber wir spüren ein klares Interesse an Alternativen. Denn das Ziel ist klar: Nullemissionen. Und dafür hat Basel-Stadt die besten Voraussetzungen.

Es heisst, um den Gebäudepark Schweiz zu sanieren, müsste im Bereich Heizungen pro Jahr eine Milliarde Franken investiert werden. Ist das zu schaffen?

Fabrice Lanz: Das ist richtig und entspricht rund 30 000 Heizungen pro Jahr. Rund 900 000 Heizungen sind aktuell noch fossil. Jährlich fliesst ein Vielfaches an Geld in den Schweizer Gebäudepark. Ich hatte aus Perspektive unser Kundinnen und Kunden nie den Eindruck, die Sanierungen seien nicht zu bewältigen. Wenn wir aber bis 2050 alle fossil betriebenen Heizungen ersetzt haben sollen, wird wohl noch eine Phase kommen, wo viele Leute auf einmal umstellen müssen. Umso wichtiger, früh anzufangen.

Angenommen, diese Phase kommt: Bedeutet das gute Geschäfte für die Banken?

Timo Krebs: Betrachtet man rein das Volumen, sind Sanierungen für Banken nicht das spannendste Geschäft. Wenn ich eine neue Bewertung mache, weil sich am Objekt etwas ändert – zum Beispiel die Heizung, habe ich einen vergleichsweise hohen Aufwand, bis der neue Kreditrahmen bewilligt ist. Eine neue Hypothek ist da ein viel besseres Geschäft. Aber Herr Lanz hat es vorher schon gesagt: Wir haben als Bank ein Interesse an einem soliden Portfolio. Einerseits tragen wir der Nachhaltigkeitsstragie des Kantons und der Bank Rechnung. Andererseits erhalten wir unsere Objekte. Das ist ein Faktor, der sich nicht unmittelbar monetär abbilden lässt.

Kommen wir noch einmal auf das Jahr 2037 zurück. Dieser Stichtag für die Heizungssanierung gilt ausserhalb des Kantons Basel-Stadt nicht. Gibt es dort Argumente, mit dem Heizungsersatz noch zuzuwarten?

Fabrice Lanz: Das Thema graue Energie wäre ein Argument. Das fliesst momentan nur in wenigen Rechnungen ein. Wenn man saniert, bevor die Lebensdauer von gewissen Bauteilen erreicht ist, hat das einen Einfluss auf die Bilanz der indirekten Emissionen. Das wird in Zukunft vermehrt betrachtet werden, denke ich. Man wird mehr Gebäudeteile erhalten und nicht ersetzen oder Materialien verbauen, die rückbaubar sind.

Timo Krebs: Das einzige Argument im Einfamilienhausbereich, das ich mir denken kann, ist etwas spekulativ: Menschen aus anderen Kantonen schauen in Kantone wie Basel-Stadt, die schon etwas weiter sind. Dort gibt es Subventionen und steuerliche Begünstigungen. Dann sagt man vielleicht: Wenn meine Heizung noch hält, warte ich noch ab, bis es Unterstützungen gibt. Vielleicht ist mein Kanton ja auch bald so weit.

Zu den Personen

Timo Krebs ist Fachspezialist für Sanieren im Privatkundenbereich bei der Basler Kantonalbank (BKB). Er hat ursprünglich seine kaufmännische Lehre bei der BKB absolviert und dort im Privatkundenbereich gearbeitet.

 

Fabrice Lanz ist Leiter Immobilienkunden Nordwestschweiz bei der BKB. Er ist seit über 15 Jahren in der Finanzbranche tätig und unter anderem Mitglied der Sozialhilfebehörde der Gemeinde Münchenstein.