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Magazin

Im Gespräch

«Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist ein hoher Eigenverbrauch»


Die beiden IWB Solarexperten Nico Knubel, Geschäftsführer von Kunz Solartech, und Thomas Varga, Projektentwickler bei Planeco, sprechen im Interview über Wege zur Steigerung des Eigenverbrauchs, die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Solaranlagen und das Potenzial neuer Vermarktungsmodelle. Dabei wird auch klar: In einigen Bereichen braucht es noch ein Umdenken.

Für eingespeisten Solarstrom erhält man immer weniger Geld. Können Sie Ihren Kunden die Installation einer Solaranlage noch mit gutem Gewissen empfehlen?

Thomas Varga: Ja, das kann ich, ohne dass ich anschliessend schlaflose Nächte habe. Es stimmt zwar schon: Rein über die Vergütung für eingespeisten Strom kann heute eine Solaranlage kaum mehr wirtschaftlich betrieben werden. Vielmehr lohnt es sich, möglichst viel des produzierten Stroms selber zu verbrauchen. So rentiert die Anlage durchaus. Zudem sinken die Kosten für Solarpanels und weitere Komponenten – es ist heute deutlich günstiger als noch vor fünf oder zehn Jahren, eine Solaranlage installieren zu lassen.

Nico Knubel: Das ist eine berechtigte Frage, die Vergütungen der Netzbetreiber sinken tatsächlich und werden in absehbarer Zeit kaum wieder steigen. Dennoch lohnt sich die Investition in eine Solaranlage heute nach wie vor, denn die Preise sind so tief wie noch nie. Zudem sind aktuell die Förderbeiträge nach wie vor unverändert hoch. Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit ist ein hoher Eigenverbrauch. Man muss eine Anlage deshalb so auslegen, dass sie zum Verbrauch des Gebäudes passt.

Worauf muss man konkret achten, damit eine Solaranlage langfristig wirtschaftlich ist?

Thomas Varga: Kurz gesagt: Die Anlage muss zum Gebäude und seinen Bewohnerinnen und Bewohnern passen, denn nur so erreicht man einen hohen Eigenverbrauchsgrad. Zuerst bespreche ich mit der Kundschaft, welche grossen Verbraucher wie Wärmepumpe, Elektroauto und Warmwasserboiler es gibt. Diese lassen sich gezielt so betreiben, dass sie mehrheitlich den eigenen Solarstrom nutzen. So muss man weniger Elektrizität aus dem Netz zukaufen und setzt den eigenen Strom rentabler ein, als wenn er eingespeist werden muss.

Nico Knubel: Als Planer muss ich die Anlage auf den Bedarf der Kundschaft ausrichten und insbesondere auf den erwarteten Verbrauch vor Ort. Es ist nicht immer sinnvoll, ein Dach vollständig mit Solarpanels auszurüsten, wenn man selbst gar nicht so viel Strom benötigt. Möchte man künftig aber auch eine Wärmepumpe und/oder ein Elektroauto mit eigenem Solarstrom versorgen, muss das bei der Dimensionierung berücksichtigt werden.

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Wie erreicht man einen möglichst hohen Eigenverbrauch?

Nico Knubel: In erster Linie sollten grosse Verbraucher wie Warmwasserboiler, Waschmaschine und Trockner oder eben E-Auto und Wärmepumpe dann betrieben werden, wenn viel Solarstrom zur Verfügung steht – also in der Regel am Mittag und Nachmittag. Das erfordert ein Umdenken, denn viele sind sich noch gewohnt, solche Geräte nachts laufen zu lassen.

Nico Knubel auf dem Dach mit einem Solarmodul in der Hand.
Nico Knubel, Geschäftsführer von Kunz Solartech. (Foto: Dirk Wetzel)

Lohnt es sich, eine Batterie als Speicher für den Solarstrom zu installieren?

Nico Knubel: Das kann eine sinnvolle Zusatzinvestition sein, weil Batterien zuletzt deutlich kostengünstiger geworden sind. Viele Kundinnen und Kunden wünschen heute, dass wir die Integration eines solchen Stromspeichers mit offerieren – und viele bestellen ihn dann auch. Punkto Auslegung der Batterie ist es wichtig, dass sie möglichst das ganze Jahr über gefüllt und entleert werden kann. Man sollte sie eher auf die Stromproduktion im Frühling und Herbst auslegen und nicht auf den Sommer, sonst ist sie viel zu gross. Weil sich Batterien gut erweitern lassen, kann man anfangs auch mit einer kleineren beginnen und diese später noch ausbauen. Als Faustregel rechnen wir mit einer Kilowattstunde Speicherkapazität pro Kilowatt installierter Photovoltaikleistung.

Thomas Varga: Diese Frage stellen mir heute fast alle Kundinnen und Kunden. Etwa zwei Drittel wollen so den Eigenverbrauch erhöhen, ein Drittel bei einem Stromausfall nicht im Dunkeln sitzen. Die Notstromversorgung über die Batterie ist tatsächlich möglich, erfordert jedoch einen kleinen Umbau der elektrischen Infrastruktur vor Ort. Aus meiner Sicht liegt der grosse Vorteil einer Batterie aber darin, dass man Solarstrom zwischenspeichern und am Abend oder in der Nacht verwenden kann. Weil die Anschaffungskosten in letzter Zeit stark gesunken sind, lohnt sich die Integration einer Batterie in vielen Fällen.

Wie schnell lässt sich eine Solaranlage bei einem Einfamilienhaus amortisieren?

Thomas Varga: Das hängt stark vom Haus, seinen Bewohnenden, dem lokalen Strompreis und einigen anderen Faktoren ab, ein realistischer Wert sind abhängig von der Dimensionierung der Anlage aber 8 bis 15 Jahre. Mit einer Batterie dauert es wegen der höheren Investitionskosten noch etwas länger. Meiner Erfahrung nach steht diese Frage für viele Menschen, die in eine Solaranlage investieren, gar nicht so im Vordergrund. Ihnen ist es vielmehr wichtig, etwas Gutes für die Umwelt und die nächste Generation zu tun oder ihre Abhängigkeit vom Netz zu verringern.

Thomas Varga von Planeco
Thomas Varga, Projektentwickler bei Planeco

Können die neuen Vermarktungsmodelle «vZEV» und «LEG» die Wirtschaftlichkeit einer Solaranlage erhöhen?

Thomas Varga: Mit ihnen kann man den selbst produzierten Solarstrom über die Grundstücksgrenzen hinaus verkaufen und so den Eigenverbrauch weiter erhöhen. Nun geht es darum, diese neuen Modelle in der Praxis zu testen und Erfahrungen zu sammeln. Ich bin überzeugt, dass sich daraus spannende Lösungen ergeben.

Nico Knubel: Weil wir noch keine Praxiserfahrungen haben, ist es schwierig, die künftige Preisgestaltung abzuschätzen. Die Modelle bieten aber sicherlich eine interessante Grundlage, um künftig lokal erzeugten Solarstrom intelligenter zu nutzen. Sie können Anlagen mit tieferem Eigenverbrauch lukrativer machen oder sogar eine grössere Dimensionierung ermöglichen. Welche Modelle sich durchsetzen und wie sie sich wirtschaftlich bewähren, wird die Praxis zeigen.