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Klimadreh
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IWB erklärt

Pflanzenkohle? Werden wir brauchen!

Porträt Johanna Hunder
«Für Privatpersonen ist die Pflanzenkohle vor allem im Kompost interessant, weil sie Gerüche bindet», weiss Johanna Kestler. (Foto: Christian Aeberhard)

Ist Pflanzenkohle die «bessere Kohle»? Eindeutig ja, findet unsere Autorin. Schon wegen der vielen Anwendungsmöglichkeiten.

Haben Sie das «Eidgenössische» gesehen? Den Weihnachtsbaum auf dem Münsterplatz? Oder sind Sie letztens an einem der Kompostplätze in Basel vorbeigelaufen? Dann stehen die Chancen gut, dass Sie Zeugin oder Zeuge geworden sind, wie Pflanzenkohle wirkt. Pflanzenkohle, das ist dieses neue Ding, das eigentlich uralt ist. Im Amazonasbecken ist sie als «Terra Preta» bekannt, hierzulande macht sie sich langsam, aber sicher als ökologische Wunderwaffe einen Namen. IWB produziert sie in einer sogenannten Pyrolyse-Anlage in Kleinhüningen. Bald sollen weitere folgen.

Pflanzenkohle entsteht, indem Biomasse – so wie Holz von Weihnachtsbäumen oder Sägemehl vom Schwingfest – unter Ausschluss von Sauerstoff erhitzt wird. Dabei entstehen Wärme und Kohle. Anders als der gleichnamige fossile Energieträger besteht Pflanzenkohle nur aus Kohlenstoff, der von Pflanzen aus der Atmosphäre gebunden wurde. Und er bleibt übrig, nachdem aus ihm Wärme gewonnen wurde. Das heisst: Dieser Kohlenstoff gerät nicht als CO2 in die Atmosphäre; ist also eine Negativemission. Und mit Pflanzenkohle lässt sich vieles erreichen.

Für Privatpersonen ist die Pflanzenkohle vor allem im Kompost interessant. Mischt man sie unter den Kompostkessel in der Küche, bindet sie Gerüche. Hinter diesen für uns Menschen unangenehmen Ausdünstungen stecken Nährstoffe, die im Boden wichtig sind. Wenn man Pflanzenkohle mit Rüstabfall mischt, lädt man sie mit Nährstoffen auf und erhält so hochwertigen Kompost.

Was im Hauskompost funktioniert, ist in der Landwirtschaft noch viel wirksamer. Dort lässt sich Pflanzenkohle im Stall einstreuen und verhindert nicht nur Gerüche, sondern direkt Emissionen wie Ammoniak, Lachgas oder Methan. Das wirkt sich auf die Nährstoffbilanz von Gülle und Mist aus, da diese dann mehr wertvolle Stoffe für den Boden enthalten, die nicht vom erstbesten Niederschlag ausgewaschen werden. Landwirtinnen und Landwirte merken das, sobald sie neu pflanzen, und junge Sträucher schneller wachsen oder die immer häufiger werdenden trockenen Sommer überstehen.

Doch nicht nur im Hobbygarten- und Landwirtschaftsbereich punktet Pflanzenkohle. Im städtischen Raum kann sie zum Beispiel als Substrat zugegeben werden, in dem junge Bäume wachsen – Helfer im Kampf gegen den wachsenden Hitzeinseleffekt. Die Bäume wachsen schneller, da die mit Pflanzenkohle angereicherte Erde mehr Nährstoffe und Wasser speichert. Diesen Einsatz prüft gerade die Stadtgärtnerei des Kantons Basel-Stadt. Auch das Tiefbauamt des Kantons Basel-Stadt ist auf Pflanzenkohle aufmerksam geworden. Es mischt sie in den Asphalt, was dessen Klimabilanz verbessert.

Viele Studien, auch von Agroscope, der landwirtschaftlichen Forschungsanstalt des Bundes, belegen den Nutzen von Pflanzenkohle. Eine grosse Zukunft hat sie noch in einem anderen Bereich: den Negativemissionen. Der Kohlenstoff, den sie aus der Atmosphäre bindet, wird als Beitrag zum Netto-Null-Ziel wichtig werden. Denn je schneller die CO2-Emissionen in den einzelnen Sektoren sinken, desto dringlicher wird die Frage, wie wir die restlichen, unvermeidbaren Emissionen kompensieren. Die Antwort steckt auch in dem neuen Ding, das jüngst aus Basler Weihnachtsbäumen entstanden ist.