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Klimadreh
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Menschen & Energie

Envases trotzt mit Photovoltaik der Energiemangellage

Magali Le Dain und Andrea Roder stehen in einer Halle von Envases.
Magali Le Dain, General Manager Envases Aesch und Andrea Roder, Key Account Managerin bei IWB (Fotos: Christian Aeberhard)

Sie stellt Milchflaschen für die ganze Schweiz her und ist auch in anderen Bereichen marktführend. Doch die Energiepreise hatten für die Envases Aesch AG 2022 ein bedrohliches Ausmass angenommen. Photovoltaik war da die Retterin in der Not.

Diese Solaranlage ist mehr, als sie auf den ersten Blick scheint. Einerseits überblickt man vom Dachgeschoss der Envases Aesch AG nur einen Teil der über 1000 Panels, die das Industrieunternehmen 2022 hat installieren lassen. Andererseits sieht man der Solaranlage nicht an, was sie für Envases Aesch bedeutet: eine wichtige Unterstützung, ohne die im Krisenjahr 2022 vielleicht alles anders gekommen wäre. «Auch wenn wir die Anlage vor der Energiekrise geplant haben, kam sie genau im richtigen Moment. Ab Dezember haben wir Strom produziert», kommentiert Magali Le Dain, General Manager des Standorts in Aesch.

Emissionsziele nach Science Based Targets

Dass die Verpackungsproduzentin in Aesch in Photovoltaik investiert, hat auch mit den langfristigen Zielen der Envases Gruppe zu tun, zu welcher der Standort in Aesch gehört. 2022 hat sie sich der Science Based Targets Initiative (SBTi) angeschlossen, einer internationalen Vereinigung von Unternehmen, die ihre Emissionen im Einklang mit den Pariser Klimazielen reduzieren wollen. Am Standort Aesch hat Envases durch Effizienzmassnahmen allein 2022 bereits den CO2-Ausstoss um 15 Tonnen reduziert. «Nachhaltigkeit und die Reduktion von Emissionen waren bereits vorher auf unserer Agenda. Aber die Energiekrise hat alles enorm beschleunigt», erklärt Frau Le Dain.

Weisse Milchflaschen aus Kunststoff auf einer Palette gestapelt.
Envases Aesch ist in der Schweiz Marktführerin für HDPE-Milchflaschen.

Energiepreise sind plötzlich relevant und bleiben es

Während Magali Le Dain den zugänglichen Teil der Anlage zeigt, blickt Finance Manager Fouad Talhaoui aufs Smartphone. «Wir produzieren gerade über 500 Kilowatt Energie, alles im Eigenverbrauch», kommentiert er die Kurve auf der Fernüberwachungs-App. Der hohe Eigenverbrauchsanteil trotz grosser Anlage liegt an der energieintensiven Herstellung von Kunststoffverpackungen am Standort. Dennoch sei der Stellenwert der Energiekosten heute ein anderer als noch vor ein paar Jahren, erklärt Magali Le Dain. «Inzwischen sind sie auf der gleichen Stufe wie Personalkosten oder Rohmaterial, unsere grössten Kostenfaktoren aus der Vergangenheit.»

Magali Le Dain

General Manager, Envases Aesch AG

Auch wenn wir die Anlage vor der Energiekrise geplant haben, kam sie genau im richtigen Moment. Ab Dezember haben wir Strom produziert
Luftaufnahme des Firmendachs und der PV-Anlage von Envases Aesch
2022 wurden über 1000 Panels auf dem Dach von Envases Aesch installiert.

Dank Photovoltaik keine eingeschränkte Produktion

Unten in der Produktionshalle sind unzählige weisse Flaschen akkurat aufgetürmt, dazwischen schwirren Gabelstapler umher. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Schutzkleidung kontrollieren die Maschinen, aus denen weitere weisse Flaschen kommen. Envases Aesch ist in der Schweiz Marktführerin für HDPE-Milchflaschen. Auch bei Rahm und Reinigungsmitteln hat das Traditionsunternehmen, das seit 1959 Kunststoffverpackungen herstellt, hohe Marktanteile. «Da wir unseren Strom auf dem Markt kaufen, waren wir von den starken Anstiegen direkt betroffen», ruft Magali Le Dain gegen den Maschinenlärm. «Wären die Energiekosten noch höher gewesen, hätten wir Produktionslinien schliessen müssen.» Envases Aesch habe sich auch deswegen für IWB als Partnerin für die Photovoltaikanlage entschieden, weil IWB die Liefertermine einhalten konnte. So konnte die Solaranlage den grössten Preisschock abfedern. Magali Le Dain zieht ein deutliches Fazit: «Unser Unternehmen spart nicht dank Photovoltaik. Aber dank ihr produzieren wir unverändert.»

Auf dem Weg in die Circular Economy

Wie weiter mit der Photovoltaik? Für Envases Aesch stellt sich die Frage, was man mit dem am Sonntag produzierten Strom mache, wenn die Maschinen still stünden. «Momentan lassen wir ihn verkaufen, aber wir könnten damit zum Beispiel E-Bikes und E-Autos laden», sagt Betriebsleiter Christophe Dattler. Ein Energiespeicher sei zu teuer, um nur für kurze Zeit so grosse Leistungen abzufangen. Mittelfristig stellen sich für Envases andere Herausforderungen, in Aesch und weltweit. Auch die Verpackungswelt müsse zirkulärer werden, das forderten nicht zuletzt die Kundinnen und Kunden von Envases Aesch. «Beim PET haben wir bereits eine hohe Recyclingquote, bei Milchflaschen nicht, was aber auch regulatorische Gründe hat», sagt Magali Le Dain. «Kunststoff ist im Vergleich zu Glas oder Aluminium noch ein junger Werkstoff. Aber die Industrie bewegt sich mit Hochtouren in eine Welt, die ohne neue fossile Rohstoffe auskommt.» In wenigen Jahren wird das Unternehmen sein 150-jähriges Bestehen feiern. Dass es das kann, verdankt es stetiger Anpassung – und einer grossen Solaranlage.

Solaranlage ohne Förderbeiträge

Wer eine Solaranlage erstellt, kann Förderbeiträge beantragen. Die Envases Aesch AG hat jedoch darauf verzichtet. Grund ist die Zielvereinbarung (durchgeführt von der IWB Energieberatung), die Envases Aesch mit der Energie-Agentur der Wirtschaft EnAW hat. Als Grossverbraucherin von Energie muss Envases Aesch sich verpflichten, ihren Energieverbrauch innert 10 Jahren um 2 Prozent jährlich zu reduzieren. Im Gegenzug erhält das Unternehmen einen Teil des Netzzuschlags rückerstattet. Den Eigenverbrauch der Photovoltaikanlage kann Envases Aesch als Sparmassnahme anrechnen, muss dafür aber auf die Förderung verzichten. Dieses Beispiel zeigt, dass Photovoltaik auch ohne Förderung rentieren kann – indem sie den Strombezug aus dem Netz deutlich reduziert.