
Text: Paul Drzimalla; Fotos: Timo Orubolo
Im Herbst wird der Himmel bunt. Dann wirbelt der Wind nicht nur Blätter in allen Farben durch die Luft, sondern lässt auch die Drachen steigen. «Drachen?», mag manch einer denken, «die hatten wir doch als Kinder.» Tatsächlich sind Drachen nach wie vor bei den Kleinen angesagt, verbinden sie doch Bewegung im Freien, Geschicklichkeit und pure Freude. Doch auch Erwachsene lassen gerne die filigranen Flugobjekte steigen. Die einen betreiben Drachensteigen als Sport, die anderen als Bastlerhobby, viele finden darin aber auch einfach Ruhe und Musse. Ohne Alltagshektik, ohne elektronische Gadgets, nur die Luft und ein tanzender Farbklecks am Himmel.
Jedem Drachen sein Revier
Zum Drachensteigen braucht es, neben dem Fluggerät selber, lediglich eine freie Fläche und etwas Wind. Jeder Stadtpark, der etwas Platz bietet, ist geeignet – wie das Bruderholz oder der Park im Grünen in Münchenstein. Dort findet am 22. September auch das jährliche Basler Drachenfest statt. Und natürlich warten vor den Toren der Stadt die besten Drachenreviere: auf den Jurahöhen, auf dem Gempen zum Beispiel, wo immer ein Wind weht. Auch der Tüllinger Hügel bei Lörrach ist beliebt. Ihre «Flugplätze» tauschen Drachenfreunde im Internet oder offline aus, in zahlreichen Drachenclubs.
Miteinander, zu Boden und zu Luft
Richtige Flugplätze sollte jedoch meiden, wer mit seinem Luftikus durch die Gegend streift, da im Umkreis von drei Kilometern Flugverbot herrscht. Auch rund um Pisten wie in Binningen oder im Fricktal sind besonders grosse Drachen unerwünscht. Ansonsten gilt lediglich eine maximale Flughöhe von 60 Metern, in Deutschland eine Leinenlänge von 100 Metern. Apropos Leine: Natürlich sollte auf Hunde und ihre Halter Rücksicht genommen werden wie auch auf alle anderen Nutzer von Feld und Wiese, zum Beispiel Pferde, die auf Drachen schreckhaft reagieren. Grosse Vorsicht ist bei Stromleitungen geboten sowie in der Nähe von Bahnstrecken. Und zieht ein Gewitter auf, heisst es: Rasch die Leine einholen, sonst wird der Drache zum Blitzableiter.
Viele Formen, viele Farben
Drachen kommen klassisch als Trapez mit einer Leine oder mit zwei und mehr Leinen und damit lenkbar daher. Auch sogenannte Flugmatten, die ohne Gestänge auskommen und an Gleitschirme erinnern, werden angeboten. Wer kein Modell von der Stange will, findet in Spezialgeschäften Material für den Eigenbau. Etwas ganz Besonderes sind sogenannte Nullwinddrachen, wie sie der Zürcher Architekt und Industriedesigner Thomas Horvath entwickelt und vertreibt. Nur wenige Gramm schwer, reichen ihnen Thermik und Bewegung für den Flug – sogar in Gebäuden oder engen Strassenschluchten schweben sie dahin. Wo auch immer ein Drache steigt: Er zaubert einen Farbtupfer in den Himmel und ein Lächeln auf Gesichter.