Der Energiehandel im Laufe der Zeit

Titelbild: KWO / Foto: Luftaufnahme Grimselwelt / Fotograf: Robert Bösch
Wozu eigentlich Energiehandel?
Franz Gloggner: Strom ist nur begrenzt speicherbar. Produktion und Verbrauch müssen immer im Gleichgewicht sein. Mit Hilfe vom kurzfristigen Stromhandel können Schwankungen bei Angebot oder Nachfrage jeweils mit den optimalen Kraftwerken abgefahren werden. Insbesondere für einen flexibel einsetzbaren Kraftwerkpark, wie der von IWB, bringt der kurzfristige Stromhandel einen Mehrwert.
Im längerfristigen Markt für Strom, Gas, Herkunftsnachweisen und CO2-Zertifikate sind Mengen- und Preisabsicherung der wichtigste Grund für die Handelstätigkeit von IWB. Wir sichern Positionen bis drei Jahre im Voraus ab. Ohne Absicherungsgeschäfte wäre die Budgetierung vom IWB Handelsgeschäft deutlich schwieriger.
Wie kann man sich den Energiehandel vorstellen?
Franz Gloggner: Als Handel wird allgemein die wirtschaftliche Tätigkeit des Austauschs von materiellen oder immateriellen Gütern zwischen Wirtschaftssubjekten bezeichnet. Diese Definition trifft auch für den Stromhandel zu. Die Lieferung von Elektrizität ist etwas speziell, da es sich um ein nichtspeicherbares, netzgebundenes Gut handelt. Der Übertragungsnetzbetreiber Swissgrid ist im Schweizer Netzwerk verantwortlich, dass Produktion und Verbrauch im Gleichgewicht sind. Um diese Aufgabe wahrzunehmen überwacht Swissgrid die physischen Lieferungen aller Stromgeschäfte auf ihrem Übertragungsnetz mit Hilfe von einem Bilanzgruppenmodell. Zusammenfassend funktioniert der Stromhandel wie ein Handelsgeschäft bei einem anderen materiellen Gut wie zum Beispiel Heizöl. Die kontinuierliche Lieferung gemäss den Regeln des Bilanzgruppenmodells macht die Abwicklung von einem Stromhandelsgeschäft zwar etwas abstrakter; das Prinzip materielles Gut gegen Geld bleibt aber bestehen.
Was, wo und wie wird gehandelt?
Franz Gloggner: Strom wird an der Börse sowie OTC (over the counter = bilateraler Handel zwischen zwei Akteuren ohne eine Börse als zentrale Gegenpartei) gehandelt. IWB ist im Strombereich an beiden Segmenten aktiv. In den anderen für IWB relevanten Segmenten vom Energiemarkt (Gas, Herkunftsnachweisen und CO2-Emissionszertifikaten) sind wir ausschliesslich am OTC-Markt tätig.
Aus was setzt sich der Preis zusammen?
Franz Gloggner: Wie an jedem Markt ergibt sich der Marktpreis aus Schnittpunkt zwischen Angebot und Nachfrage. Strom nimmt auch bei Angebot und Nachfrage auf Grund der Nichtspeicherbarkeit eine Sonderrolle ein. An der EPEX Swissix Day Ahead Auktion wird für jede einzelne Stunde ein Marktpreis aus Angebot und Nachfrage ermittelt. Da der Schweizer Strommarkt stark mit den Nachbarländern verknüpft ist, werden die Marktpreise in einigen Stunden von den Produktionskosten von thermischen Kraftwerken im benachbarten Ausland festgelegt. Witterungseinflüsse - insbesondere Wind, Niederschlag, Wolken und Temperatur - haben auch einen erheblichen Einfluss auf Angebot und Nachfrage und schlagen sich entsprechend in den Preisen nieder.